Seminar

Alban Berg

WS 2001-2002
[Frankfurt-Main, Universität]

Arbeitsplan und Material

1.Vorbesprechung
2.Frühe Kompositionen Bergs
3.Tristanharmonik, Quartenakkordik und entwickelnde Variation
R.1Die Klaviersonate op. 1
4.Bergs Auseinandersetzung mit der Tonalität
Atonalität, Polytonalität, Tonalität: ein Problemfeld
Schönbergs 'atonale' Klavierstücke op. 11 und op. 19
R.2Bergs Lieder op. 2
5.Expressionistische Kammermusik
Das Vorbild Schönberg - Weberns Beitrag
R.3Das Streichquartett op. 3 Alban Bergs
6.R.4Die Altenberg-Lieder op. 4
Der Skandal vom 31. 3. 1913
Zwölftonakkord und Klangfarbenmelodie
Arnold Schönbergs Orchesterstücke op. 16
7.Alban Bergs Symphonik
Das Vorbild Gustav Mahler - Das Problem der Kürze
R.5Bergs Orchesterstücke op. 6 (Nr. 1 und 2)
8./9.Wozzeck
Der Stoff: Büchner, Franzos, Berg
Musikalische Semanteme
R.6Formen im Wozzeck
R.7Berg und die Tonalität seit Wozzeck
10.Zwölftontechnik
Die Voraussetzungen: Das dodekaphone 'System'
R.8Schließe mir die Augen beide - tonale und dodekaphone Fassung
11.Das verschwiegene Programm der Lyrischen Suite
Musikalische Symbole - Geschichte ihrer Identifizierung
R.9(Analyse und Interpretation ausgewählter Passagen)
12.R.10Das Violinkonzert
13./14.Lulu - Bergs unvollendete Oper
R.11Die Lulu-Reihen und das leitmotivische Material
R.12Friedrich Cerha und der Lulu-Schluß
15./16.(Kammerkonzert, Der Wein)

 

Beschreibung

Wenn die Anzeichen nicht täuschen, haben die Werke Alban Bergs längst diejenigen Schönbergs und Weberns an Relevanz für das heutige Musikleben überflügelt. Nicht daß bei einem breiteren Publikum von einer Berg-Euphorie die Rede sein könnte. Doch unbestreitbar ist, daß Berg mit seinem Violinkonzert die allem Anschein nach einzige wirklich erfolgreiche Zwölftonkomposition vorgelegt hat, und daß Wozzeck, Lulu und die Lyrische Suite Repertoirestücke sind. Das Seminar wird daher nicht zuletzt die Frage zu klären haben, worin sich die Tonsprache Bergs von derjenigen der anderen Mitglieder der Wiener Schule charakteristisch unterscheidet.

Die Veranstaltung setzt schon beim frühen, erst unlängst philologisch wirklich erschlossenen Berg an. Sie versucht zu zeigen, inwieweit der Komponist in die Musikkultur des Fin de siècle einbezogen war. Tristanhafte Nachklänge und neue Ansätze, die Berg zweifellos durch den Schönberg-Unterricht erhielt, flossen in Bergs Klaviersonate op. 1 ein. Ferner vollzog sich auch bei Berg, nach dem Vorbild seines Lehrers, die Auseinandersetzung mit der Tonalität (op. 2); doch ist in diesem Zusammenhang der Begriff der Atonalität, anstatt die Grundlage der Interpretation zu bilden, selbst erst zu hinterfragen (bekanntlich stand der Begriff bei Schönberg, Berg und Webern keineswegs in hohem Ansehen). Die Orchesterstücke op. 6 als 'atonale' Symphonik zu werten, geht sicherlich an, doch andererseits wird man unschwer auch die Einflüsse Gustav Mahlers in ihnen ermitteln können. Bergs Oper Wozzeck wird unter mehreren Gesichtspunkten behandelt: unter dem der musikalischen Semanteme, also Bedeutungsträger aud der Ebene des Musikalischen, sodann unter dem Aspekt der Form, auch unter dem der Tonalität. Der Übergang Bergs zur Zwölftontechnik wird an der Lyrischen Suite und den Vertonungen Schließe mir die Augen beide demonstriert werden: nebst einigen weiterführenden Reflexionen über die Schönbergsche Zwölftonreihentechnik, ihrer Geschichtlichkeit und ihrer inneren Problematik. Doch wird trotz des Versuichs, Bergs Werke in den Kontext der musikgeschichtlichen Entwicklung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einzuordnen, nicht übersehen werden, daß es sich bei diesen Kompositionen auch um persönliche Bekenntnisse, zuweilen verschwiegene Programmusik handelt.

Aus einer gerade in jüngerer Zeit immer reichhaltigeren Berg-Literatur seien vorab empfohlen:

Floros, Constantin: Alban Berg Musik als Autobiographie, Wiesbaden: Breitkopf & Härtel, 1992

Gratzer, Wolfgang: Zur 'wunderlichen Mystik' Alban Bergs. Eine Studie, Wien, Köln, Weimar: Böhlau, 1993

Krämer, Ulrich: Alban Berg als Schüler Arnold Schönbergs. Quellenstudien und Analysen zum Frühwerk, (Alban Berg Studien, hrsg. Rudolf Stephan), Wien: Universal-Edition, 1995

Perle, George: Das geheime Programm der Lyrischen Suite, Musik-Konzepte 4. Alban Berg. Kammermusik 1, München 1978, S.49-74

Reich, Willi: Alban Berg: Leben und Werk, (Nachdruck von 1963), München; Zürich: Piper, 1985

Reiter, Manfred: Die Zwölftontechnik in Alban Bergs Oper Lulu, Diss. Köln, 1973; Kölner Beiträge zur Musikforschung 71, Regensburg: Bosse, 1973

Schweizer, Klaus: Die Sonatensatzform im Schaffen Alban Bergs, Stuttgart, 1970

Stephan, Rudolf (Hrsg.): Die Wiener Schule, Wege der Forschung, 643, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1989

Vogel, Martin: Schönberg und die Folgen. Die Irrwege der Neuen Musik. Teil I: Schönberg, Bonn, 1984 - Teil 2: Die Folgen, Bonn: Orpheus-Verlag, 1997

 


 


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Wolfgang Krebs