Vorlesung

Die Musik des 'Mittelalters und der Renaissance'

SS 2000
[Jena, Universität]

Arbeitsplan und Material

1. Einführung - Voraussetzungen
2. Antike und Mittelalter
3. Der 'gregorianische' Choral - Ursprünge
4. Der 'gregorianische' Choral - Verbreitung, Kodifizierung
5. Gesang im 9. Jahrhundert - Notation
6. Gesang im 9. Jahrhundert - Modalität, Funktion
7. Der Übergang zur Mehrstimmigkeit (I): Bis zu St. Martial
8. Der Übergang zur Mehrstimmigkeit (II): Mehrstimmigkeit im 12. Jahrhundert
9. Das Ereignis Notre Dame
10. Musik-Anschauungen - Musiktheorie
11. Institutionen - Weltliche Musik
12. 13./14. Jahrhundert - Mensuralmusik, Motette und Messe
13. 14. Jahrhundert - Der Beginn der 'Renaissance'

 

Beschreibung

Die Bezeichnungen 'Mittelalter' und 'Renaissance' gehören zu den wie selbstverständlich benutzten Schemata der Geschichtsinterpretation, doch sie bergen durchaus Probleme in sich. Einerseits soll der Begriff des Mittelalters eine erhebliche Zeitspanne (Ausgang der Antike bis etwa um 1500) abdecken - eine in Wahrheit sowohl künstlerisch als auch gesellschaftlich und politisch recht vielgestaltige Epoche, für die ein gemeinsamer Begriff allzuleicht eine übergreifende innere Einheit suggeriert. Zudem sind die Vorstellungen, die man sich von mittelalterlichem Leben, von Kunst und Kultur macht, stark durch die Vorurteile, auch Vorlieben nachfolgender Jahrhunderte geprägt. Andererseits enthält die Auffassung, mit dem 15. Jahrhundert sei in Europa eine 'Rückkehr zur Antike' und ihren Werten zu verzeichnen, eine Einseitigkeit, die den Eindruck bestärken könnte, daß es die 'mittelalterliche' Periode abendländischer Kultur an Rezeptionshaltungen gegenüber der Antike hätte fehlen lassen.

Die Vorlesung beabsichtigt daher, die Beschreibung der Komplexität des musikgeschichtlichen Verlaufes durch Reflexionen über die Vorstellungen zu ergänzen, die sich im Laufe der Geschichts-, speziell Musikgeschichtsschreibung mit den genannten Begriffen verbunden haben. Die Antikenrezeption des 'Mittelalters' gehört zu den zentralen Themen der Veranstaltung, ebenso der - ebenfalls etwas einseitig 'gregorianisch' genannte - Choral, seine Herkunft, Überlieferung, Notation. Systematische Darstellungen, etwa der Tonartlichkeit der Choräle und der musiktheoretischen Erwägungen der betreffenden Zeit schließen sich an. Eine entscheidende Wende der Musikgeschichte trat mit dem Übergang zur Mehrstimmigkeit ein. Doch wird man nicht schon jedwede Beteiligung von mehr als einer Singstimme sogleich auch schon im engeren Sinne mehrstimmig nennen dürfen. Die Unterschiede zwischen heterophoner Mehrstimmigkeit, die es auch noch im 16. Jahrhundert gab, und der Entwicklung einer artifiziellen Form gilt es in besonderer Weise herauszuarbeiten. Das Ereignis Notre-Dame findet in diesem Zusammenhang ausführliche Würdigung. Ein weiteres Thema wird die Musik der Ars antiqua und Ars nova sein: der Fall eines Streits um den richtigen Weg in der Musikentwicklung; ebenso Isorhytrhmie und Motettenentwicklung des 14. Jahrhunderts.

Der Übergang zur 'Renaissance' genannten Epoche soll - neben den erforderlichen Erwägungen über die Berechtigung besagten Etiketts - anhand der Dufay- und Ockeghem-Generation dargestellt werden. Die Vorlesung schließt mit der Josquin-Generation, also um 1500.

Zur vorbereitenden und begleitenden Lektüre sei der 2. Band des Neuen Handbuchs der Musikwissenschaft empfohlen: Hartmut Möller, Rudolf Stephan (Hrsg.), Die Musik des Mittelalters , Laaber 1991

 


 


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Wolfgang Krebs